Der Sohn und Erbe des Freiherren Roland von der Sperberfurth ist ein Ritter des Rothengaus. In den letzten Jahren machte er von sich reden, da er eine Vielzahl von Reisen ins Außerrothengauische unternahm.
Auf diesen Reisen begleitete ihn meist der etwas jüngere Balduin, der zweite Sohn des Freiherren vom Löwenthurm. Diesen hatte Neidhart als Knappen angenommen und durch die vielen Reisen überstieg dessen Ausbildung bald das für eine Knappschaft normale Maß an Kampf- und Lebenserfahrung. Es ranken sich viele Geschichten um die Erlebnisse der beiden, so soll sich Neidhart bei der Schlacht um die Grenzfeste von Ahornbach einst durch zwei Dutzend Barbaren gehackt haben, um den weit hinter der feindlichen Linie zu Boden gegangenen Balduin zu retten. Balduin wiederum soll Neidhart dereinst geholfen haben den Weg zurück in die Welt der Lebenden zu finden, nachdem dieser irgendeiner unaussprechlichen magischen Grausamkeit in den finsteren Kellern und Gängen unter Weltenwacht zum Opfer gefallen war. Vor einer großen Schlacht um die Hauptstadt der ersten Drachenwelt war es dann auch, nachdem Balduin die Verantwortung auferlegt worden war, das Schwert des roten Drachen in die Schlacht zu führen, dass Neidhart beschloss, diese Last könnten nur die Schultern eines Ritters tragen und ihm an diesem umkämpften Ort die Ritterwürde verlieh.
Neidhart gilt gemeinhin als hervorragender Schwertkämpfer, der in früheren Jahren eine Vielzahl von Turnieren innerhalb und außerhalb des Rothengaus gewann. So errang er den Sieg auf dem Sommerturnier in Schattenthal zwei Jahre in Folge. Im ganzen Rothengau bekannt ist die Geschichte, wie er nach einem Überfall durch einen kleinen Trupp Orks in der Seite verwundet, beinahe zu spät zur Hochzeit von Katharina von Erlenfels und Allodan von Eibenbrück erschien. Ohne die Wunde versorgen zu lassen, schritt er sogleich zum Turnierplatz, wo man mit seiner Teilnahme nicht mehr gerechnet hatte und wies von streitbarem Zorn erfüllt jeden der Anwesenden in die Schranken. Bei dem abendlichen Ball jedoch war er nicht zugegen, vielleicht hatte die Wunde doch noch ihren Tribut gefordert.
Seine frühen Reisen unternahm Neidhart stets mit seinem Onkel Gunther von Giebelingen. Der wortgewandte und charismatische Freiherr, dessen Stimme auch im Adelsrat stets Beachtung findet, war stets schnell in der Lage wichtige Kontakte zu Einheimischen und anderen Reisenden aufzubauen. Ihn begleiteten zudem seine Knäppin Brindis von Sommerau, ein echter Wildfang, um die sich ganz andere Geschichten ranken. So soll sie einstmals, als sie von der Reisegruppe getrennt worden war, kurzerhand Gunthers Schlachtross verkauft haben und ein Jahr lang mit einer Truppe fahrender Theaterleute durch die Lande gestreift sein. Seit einigen Jahren hat Gunther nun Abstand vom Reisen genommen, doch konnte Neidhart in Landerich von Fuchsstein einen neuen Gefährten finden, der mit ihm die fernen Lande erkundet.
Abgerundet wurde der harte Kern der Reisegruppe natürlich durch Katharina Johanna von Erlenfels und Eibenbrück. Die junge Erbin des Hauses Erlenfels begleitete anfangs den Freiherren von Giebelingen, der als ihr Vormund eingesetzt war, auf dessen Reisen. Nach ihrer kurzen tragischen Ehe mit Allodan von Eibenbrück nahm sie diese Reisen bald wieder auf und setzte sie später auch ohne Gunther fort. Eine Geschichte besagt, dass ihre Liebe zu Neidhart, die auf diesen Reisen erblüht war, ihm dereinst den Weg aus dem Totenreich wies. Fest steht auf jeden Fall, dass Neidhart damals, auf jenem Schlachtfeld in Weltenwacht, nachdem er zu den Lebenden zurückgekehrt war, um die Hand der vor Erleichterung zu Tränen gerührten Freiherrin anhielt und so die Tränen in Freudentränen verwandelte.
Daheim im Rothengau jedoch wurde diese Verbindung wenig wohlwollend betrachtet. War sie doch ohne die Vermittlung Kaltars vom Lindentor zustande gekommen. Darüber hinaus würde das Paar in absehbarer Zeit über drei Freiherrschaften herrschen, aus denen sogar vier werden könnten, wenn Gunther weiterhin kinderlos blieb. Hinzu kommen die engen Bündnisse und Familienbande zu anderen Häusern des Nordens wie Fuchsstein, Iseelieb und, trotz des kürzlichen Zerwürfnisses Balduins mit seinem Vater, Löwenthurm. Viele Mitglieder des Adelsrates befürchten, dass hier eine mächtige Fraktion entstehen könnte, deren Anführer es offenbar auch mit mancher althergebrachten Tradition nicht so genau nehmen. Welche unrothengauischen Ideen mögen jene, die fremde Königreiche bereisen, wohl noch durchsetzen wollen, munkelt manch bösewollende Zunge. Neidharts und Katharinas Sorge jedoch, dass eine große Fehde oder sogar ein Bürgerkrieg ausbrechen und Land und Leute verheeren könnten, hat bislang, allen üblen Vorwürfen zum Trotz, der Eheschließung im Weg gestanden. Die längste Verlobungszeit in der Geschichte des Rothengaus wiederum veranlasst im schummrigen Licht der Schankräume manchen Spötter dazu böswillige Rede ganz anderer Art zu führen.
Da eine Lösung des Streits in absehbarer Zeit nicht erreichbar zu sein scheint, konzentriert sich Neidhart derzeit auf andere Probleme. Seid geraumer Zeit begleitet er, gemeinsam mit Kataharina, Brindis und Landerich, Balduin, der nach dem Zerwürfnis mit seinem Vater den Rothengau verlassen hat. Im Königreich Stauchen erlebte die Gruppe so manches Abenteuer und Balduins Vorhaben, sich hier einen Namen zu machen und eine Existenz aufzubauen, scheint derzeit besser zu gelingen, als es Neidhart, der eigentlich immer noch auf eine Versöhnung der stolzen Löwenthürmer hofft, lieb ist.